Plattform Wiederaufbau Ukraine

Themenkreis Inklusion und gesellschaftlicher Zusammenhalt Fachaustausch zu „Minderheiten und indigene Gruppen im Wiederaufbau der Ukraine“

„Bis vor einigen Jahren war es schon herausfordernd genug, Menschen zu erklären, wo die Ukraine liegt. Nun stellen Sie sich mal vor, wie schwer bis unmöglich es damals schon war, zu erklären, wer und was Krimtatar*innen sind“.

Damit leitet Elnara Nuriieva-Letova von der Crimea Media Platform (Externer Link) ihren Vortrag über die Geschichte und aktuellen Bedarfe ihrer Volksgruppe, den Krimtatar*innen, ein. Anhand eines Zeitstrahls erläutert sie die mehrfachen Deportationen und Diskriminierungen durch Russland und seine Vorgängerstaaten.

Bis zu ihrer Annexion durch das russische Zarenreich 1783 trugen die Städte auf der Krim laut Elnara Nuriieva-Letova türkische Namen

Bis zu ihrer Annexion durch das russische Zarenreich 1783 trugen die Städte auf der Krim laut Elnara Nuriieva-Letova türkische Namen

Bis zu ihrer Annexion durch das russische Zarenreich 1783 trugen die Städte auf der Krim laut Elnara Nuriieva-Letova türkische Namen

In der Online-Veranstaltung zu „Nationale Minderheiten und indigene Völker beim Wiederaufbau der Ukraine“ gibt aber nicht nur sie Einblicke aus erster Hand: Mit Natali Tomenko (Agency for the Advocacy of Roma Culture, ARCA (Externer Link)) und Olga Tsuprykova informieren auch Vertreterinnen der ukrainischen Roma und der Nord-Asowschen Griech*innen die rund 60 Teilnehmer*innen über die aktuelle Situation im Land und zeigen Bedarfe und Optionen für den Wiederaufbau auf.

Natali Tomenko und Olga Tsuprykova informieren über die Situation von Roma und Nord-Asowschen Griech*innen in der Ukraine

Natali Tomenko und Olga Tsuprykova informieren über die Situation von Roma und Nord-Asowschen Griech*innen in der Ukraine

Natali Tomenko und Olga Tsuprykova informieren über die Situation von Roma und Nord-Asowschen Griech*innen in der Ukraine

Tomenko erinnert an den Genozid in der Ukraine und im gesamten Europa im Zweiten Weltkrieg und erwähnt, dass Roma heute zwar eine der größten Minderheitengruppen im Land seien, gleichzeitig aber auch eine der am wenigsten sichtbaren. Olga Tsuprykova zeigt anhand von Fotos, wie sehr ihre Gemeinschaft unter dem russischen Angriffskrieg zu leiden habe. Die meisten Menschen würden das von Nord-Asowschen Griech*innen gegründete Mariupol und seine weitgehende Zerstörung durch Russland 2022 kennen. Dass aber auch zahlreiche Dörfer und Städtchen mit hohem griechischen Bevölkerungsanteil in der Donezk Oblast besetzt oder zerstört seien und dabei viele identifikationsstiftende Objekte zerstört oder gestohlen wurden, dagegen nicht.

Natali Tomenko und Olga Tsuprykova informieren über die Situation von Roma und Nord-Asowschen Griech*innen in der Ukraine

Natali Tomenko und Olga Tsuprykova informieren über die Situation von Roma und Nord-Asowschen Griech*innen in der Ukraine

Natali Tomenko und Olga Tsuprykova informieren über die Situation von Roma und Nord-Asowschen Griech*innen in der Ukraine

Auch Tomenko und Tsuprykova repräsentieren nur einen Ausschnitt der Minderheiten in der Ukraine. Das zeigt Stephan Müller vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, (Externer Link) der die Veranstaltung zusammen mit Sarah Reinke von der Gesellschaft für bedrohte Völker (Externer Link) moderiert. Neben den slawischen Ethnien als Mehrheitsbevölkerung leben mehr als 100 nationale Minderheiten und drei indigene Völker in der Ukraine – ein beeindruckender Reichtum.

Und gleichzeitig ein bedrohter Reichtum, wie die Vorträge der drei Referentinnen eindrücklich zeigen. Denn sie sind auch bedroht durch Alltagsrassismus, fehlende Sichtbarkeit oder mangelnde wirtschaftliche Perspektiven.

Es gebe laut Nuriieva-Letova aber auch Lichtblicke. So hat das ukrainische Parlament 2021 das Gesetz über die indigenen Völker der Ukraine verabschiedet. Und Natali Tomenko berichtet, dass ukrainische Roma als Teil des ukrainischen Militärs gemeinsam mit anderen Ukrainer*innen gegen den Invasoren vorgingen. Ironischerweise sorge laut Müller der russische Angriffskrieg dafür, dass die ukrainische Gesellschaft in Sachen Minderheiten weniger gespalten sei als zuvor:

„Irgendwie hat die groß angelegte Invasion Russlands die Mehrheitsbevölkerung und die Gemeinschaften oder indigenen Personen einander nähergebracht, anstatt sie zu trennen – wie es aussieht, eine weitere Fehlkalkulation Russlands.“

Die Veranstaltung im Rahmen der Plattform Wiederaufbau Ukraine verfolgt mehrere Ziele: Teilnehmende über die aktuelle Situation von Minderheiten in der Ukraine zu informieren, ihren Anliegen Sichtbarkeit zu verleihen und Akteur*innen im Wiederaufbau Ansatzpunkte zu geben, wie sie Interessen von Minderheiten in ihre Arbeit integrieren können. So bekräftigt Lea Moser vom Stab Ukraine im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ): „Wir wollen sicherstellen, dass der Wiederaufbauprozess so inklusiv wie möglich gestaltet wird. Das bedeutet auch, Vertreter*innen der Minderheiten in der Planung und Umsetzung einzubinden.“

In der anschließenden Arbeit in Kleingruppen erfolgt ein Peer-to-Peer-Austausch zur Arbeit mit Minderheiten im Wiederaufbau – zum Beispiel zur Erweiterung von Berufsbildungsprogrammen um non-formale Bildungsangebote.

Bei all den unterschiedlichen Perspektiven und Bedarfen zeigt sich am Ende der Veranstaltung: Es braucht ein gemeinsames Vorangehen. Und die Veranstaltung zur Rolle von Minderheiten und indigenen Völkern beim Wiederaufbau der Ukraine war erst der Anfang.

Videovorschaubild "The role of national minorities and indigenous peoples in the recovery and reconstruction of Ukraine "
Videoaufzeichnung des Fachaustausches zu „Minderheiten und indigene Gruppen im Wiederaufbau der Ukraine“ in englischer Sprache

Sie haben selbst ein Thema, das Sie gerne im Rahmen der Plattform Wiederaufbau sichtbar machen möchten, würden gerne einen Fachdiskurs anregen oder sind auf der Suche nach passenden Partner*innen? Wenden Sie sich gerne an sekretariat@ukraine-wiederaufbauen.de (Externer Link)