Städtischer und kommunaler Wiederaufbau Systemische Vorbereitung statt Notlösungen: Perspektiven für den kommenden Winter
Moderatorin Nataliia Fiebrig von Ukraine2Power erinnert eingangs an die schwierigen Winter seit Beginn der russischen Invasion: „Es war ein Wunder der ukrainischen Ingenieure und Energiearbeiter, dass das Land trotz massiver Zerstörungen nie vollständig im Dunkeln versank.“
Die Arbeit von Ukraine2Power habe sich daher vom kurzfristigen Bereitstellen von Generatoren hin zu langfristigen Lösungen wie Solarstromanlagen und Batteriespeichern für Schulen und Krankenhäuser entwickelt. „Unsere Hilfe soll nicht nur für den nächsten Winter, sondern für die nächsten 10 bis 20 Winter wirken“, betont Fiebrig.
Oleksandr Kodola erklärt Nataliia Fiebrig und den Teilnehmenden der Veranstaltung die aktuelle Situation in seiner Stadt Nischyn.
Ein eindrückliches Bild der Lage zeichnet Oleksandr Kodola, Bürgermeister der nordukrainischen Stadt Nischyn. Er berichtet von regelmäßigen Drohnenangriffen und massiven Stromausfällen: „Unsere Infrastruktur leidet täglich unter Beschuss. Ohne internationale Unterstützung wird dieser Winter erneut eine enorme Herausforderung.“ Besonders kritisch sei der Dieselbedarf für Generatoren, der für viele Gemeinden kaum mehr finanzierbar sei. „Selbst die Aufrechterhaltung eines minimalen Betriebs kostet uns jeden Tag zehntausende Euro.“
Gregor Broemling von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH hebt die Bedeutung einer besseren strategischen Vorbereitung hervor. Energie- und Heizsysteme müssten nicht nur repariert, sondern modernisiert werden: „Nur wenn Gemeinden eigene Energiemanagementsysteme aufbauen, können sie langfristig stabil und effizient handeln.“ Die GIZ unterstützt bereits über 50 Städte beim Aufbau solcher Strukturen, die für den EU-Beitritt ebenso wichtig sind wie für die Energieunabhängigkeit.
Gregor Broemling erklärt Nataliia Fiebrig, wie die GIZ ukrainische Städte unterstützt.
Energieexperte Oleksandr Kharchenko vom Center for Energy Studies mahnt zur strukturellen Weitsicht: „Nichts lässt sich in einem Oktober für den kommenden Winter umsetzen – es geht darum, heute für den übernächsten
Winter zu planen.“ Entscheidend seien laut Kharchenko Kombinationen aus Batteriespeichern, Solarenergie und gasbetriebenen Kleinkraftwerken, um regionale „Energieinseln“ zu schaffen, die auch bei Blackouts funktionieren.
Eine Kombination aus Batteriespeichern, gasbetriebenen Kleinkraftwerken und Solarenergie: Die Mischung macht es laut Oleksandr Kharchenko.
Dmytro Sakalyuk von Ecoclub Rivne ergänzt die Perspektive der Zivilgesellschaft. Seine Organisation hat bereits über 80 Solaranlagen für Krankenhäuser und Wasserwerke installiert: „Solarenergie ist keine Luxuslösung – sie ist ein Weg, Leben zu retten. Jede Kilowattstunde aus der Sonne bedeutet weniger Abhängigkeit und mehr Sicherheit.“
Solarenergie ist laut Dmytro Sakalyuk keine Luxuslösung, sondern ein Weg, Leben zu retten.
Das Fazit der Diskussion fällt klar aus: Die humanitäre Not- und Wiederaufbauhilfe müsse stärker mit strategischer Planung und Energieeffizienz verknüpft werden. Das gehe nur mit Partnerschaften und mutigen Initiativen, mit denen Gemeinden und Organisationen zwischen Nothilfe und nachhaltigem Wiederaufbau den Weg in eine widerstandsfähige Energiezukunft gestalten. Nur wenn Gemeinden befähigt werden, selbst Energie zu sparen und lokal zu erzeugen, könne die Ukraine den kommenden Wintern und der europäischen Zukunft positiv entgegensehen.