Die Plattform Wiederaufbau auf dem Global Disability Summit (GDS) Inklusion und Barrierefreiheit in der Ukraine: Herausforderungen und Lösungen
Im Anschluss an den GDS luden UNDP Ukraine (Externer Link) und die Plattform Wiederaufbau Ukraine am 29. April 2025 zur digitalen Folgeveranstaltung „Inklusion und Barrierefreiheit in der Ukraine: Herausforderungen und Lösungen“ ein. Ziel war es, die Ergebnisse der Konferenz zu reflektieren, Erfahrungen zu teilen und konkrete Perspektiven für inklusive Wiederaufbaumaßnahmen in der Ukraine auszutauschen.
Side Event in Berlin: Innovate for Inclusion – Breaking Barriers in Ukraine
Die Paneldiskussion beim Side Event auf dem Global Disability Summit in Berlin
Wie kann Inklusion systematisch im Wiederaufbau der Ukraine verankert werden, um Gleichberechtigung für alle Menschen zu gewährleisten? Dieser Frage widmet sich das gemeinsame Side Event von UNDP Ukraine und der Plattform Wiederaufbau Ukraine beim Global Disability Summit. Diskutiert wird, wie Barrieren abgebaut, Teilhabe gestaltet und innovative Ansätze in den Wiederaufbau integriert werden können.
Im Fokus des Panels stehen drei zentrale Themen:
- Politische und institutionelle Rahmenbedingungen für Inklusion
- Rehabilitationsmaßnahmen und Assistenztechnologien
- Inklusive digitale und öffentliche Infrastrukturen
Unter den Diskutierenden sind Vertreter*innen aus der ukrainischen Regierung, Stadtentwicklung, Zivilgesellschaft und Technologiebranche. Einigkeit herrscht dabei über einen Grundsatz: Der Wiederaufbau der Ukraine solle sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren, nicht an Infrastruktur.
Nationale und lokale Strategien müssen die vielfältigen Bedürfnisse aller Bürger*innen berücksichtigen – insbesondere von Menschen mit Behinderungen, die von den Folgen des Krieges besonders stark betroffen sind.
Die Amman-Berlin-Erklärung
Ein zentrales Thema ist die im Rahmen des Summits verabschiedete Amman-Berlin-Erklärung (Externer Link) zur weltweiten Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Das Dokument fordert, dass bis 2028 mindestens 15 Prozent aller auf Länderebene umgesetzten Maßnahmen für internationale Entwicklung gezielt die Inklusion von Menschen mit Behinderungen als Ziel verfolgen sollen.
In ihren Abschlussstatements machen die Sprecher*innen deutlich, dass Inklusion im Wiederaufbau kein Randthema sein dürfe:
- Olena Ursu (UNDP Ukraine (Externer Link)): „Inklusion ist keine Option; sie ist die Grundlage für eine widerstandsfähige und gerechte Ukraine.“ Nur durch gezielte Investitionen in universelles Design, digitale Barrierefreiheit und Assistenztechnologien könne nachhaltiger Wandel gelingen.
- Iryna Maliutina (Beraterin des ukrainischen Ministeriums für Gemeinden und Territorienentwicklung (Externer Link)) unterstreicht, wie wichtig es sei, inklusive Ansätze in nationale und lokale Wiederaufbaustrategien verbindlich zu verankern – im engen Austausch zwischen Regierung, Zivilgesellschaft und internationalen Partnern.
- Uliana Pcholkina (Vorsitzende der Public Union „The League of the Strong“ (Externer Link)) betont: „Menschen mit Behinderungen sind keine passiven Empfänger*innen von Hilfe; Sie beteiligen sich aktiv an der Gestaltung der Politik, die ihr Leben betrifft.“ Die politische Teilhabe von Menschen mit Behinderung müsse strukturell gestärkt werden.
- Tetiana Lomakina (Beraterin des ukrainischen Präsidenten für eine barrierefreie Umwelt (Externer Link)) verweist auf die Bedeutung von Investitionen in Assistenzmöglichkeiten und Rehabilitationslösungen. Damit könne die Selbstbestimmung und Würde von Menschen mit Behinderung in der Ukraine gesichert werden.
- Dmytro Popov (Leiter des Digital Accessibility Lab (Externer Link)) macht deutlich, dass digitale Inklusion essenziell sei, um allen Menschen den gleichen Zugang zu Bildung, Arbeit und Teilhabe am öffentlichen Leben zu bieten.
- Anton Kolomeytsev (Chefarchitekt der Stadt Lwiw (Externer Link)) betont, dass ein Wiederaufbau auf Grundlage des Universal Design die Voraussetzung für eine inklusive und lebenswerte Stadtentwicklung sei: „Es geht nicht nur um Compliance. Es geht darum, ein Umfeld zu schaffen, in dem jede*r, unabhängig von den eigenen Fähigkeiten, in Würde und Unabhängigkeit leben kann.“
Anton Kolomeytsev, der Chefarchitekt der Stadt Lwiw, erläutert die Prinzipien von inklusiver Stadtplanung.
Ein gemeinsamer Call to Action richtet sich abschließend an Politik, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und internationale Partner: Die vorgestellten Ansätze sollen nun in konkrete Maßnahmen überführt werden. Der inklusive Wiederaufbau der Ukraine sei eine Chance, um „nicht nur die Ukraine wiederherzustellen, sondern besser wiederaufzubauen“ und neue globale Standards zu setzen, so Olena Ursu.
Organisator*innen, Panelist*innen und Vertreter*innen ukrainischer Delegationen beim Side Event von UNDP Ukraine und der Plattform Wiederaufbau Ukraine
Digitale Nachfolgeveranstaltung: Inklusion und Barrierefreiheit in der Ukraine: Herausforderungen und Lösungen
Was macht man mit dem Wissen aus dem Global Disability Summit, das noch viel mehr Menschen erreichen sollte? Richtig, man setzt eine daran anschließende virtuelle Fachveranstaltung an! Am 29. April 2025 luden UNDP Ukraine und die Plattform Wiederaufbau Ukraine deshalb zu einem digitalen Nachtreffen ein, bei dem die Ergebnisse des Side Events der Plattform Wiederaufbau Ukraine und von UNDP Ukraine vertieft und Praxisbeispiele vorgestellt wurden.
Ola Ursu von UNDP Ukraine fasst die Kernpunkte des Side-Events beim Global Disability Summit 2025 zusammen.
Olena Ursu (UNDP Ukraine) betont in ihrer Rückschau, dass Menschen mit Behinderungen in Krisen- und Wiederaufbaukontexten häufig mit mehrfachen strukturellen Barrieren konfrontiert seien. Durch den Krieg in der Ukraine hätten viele Menschen dauerhafte körperliche und psychische Beeinträchtigungen erlitten.
Deshalb müsse die Rehabilitation dieser Menschen im Wiederaufbauprozess der Ukraine mit besonderer Priorität behandelt werden: „Beim Wiederaufbau der Ukraine müssen Würde, Inklusion und Chancengleichheit für alle Vorrang haben.“
Uliana Pcholkina, Vorsitzende von „The League of the Strong“ verdeutlicht, dass nachhaltiger Wandel nur möglich sei, wenn Menschen mit Behinderungen selbst diese Prozesse führen. Dabei verweist Pcholkina auch auf die Worte von Bundeskanzler a.D., Olaf Scholz: „Gemeinsame Maßnahmen sind mehr denn je erforderlich“.
Sie hebt drei zentrale Aspekte hervor:
- Die Stärkung der Organisationen von Menschen mit Behinderungen in lokalen Gemeinschaften.
- Der Einsatz für inklusive Lösungen in Beschäftigung, Barrierefreiheit und Teilhabe an lokaler Politik. Ihrer Analyse zufolge verfügten 68 Prozent der Menschen mit Behinderung in ukrainischen Städten nicht über ausreichende finanzielle Mittel für ihren Lebensunterhalt.
- Die Einbindung von Jugendlichen mit Behinderung, um ihre Sichtbarkeit und gesellschaftliche Teilhabe zu stärken.
Ola Abualghaib, Direktorin des Global Disability Fund (GDF), erläutert die Rolle des GDF. Der Fund verfolge mit Blick auf die Ukraine derzeit zwei Programme:
- Die Unterstützung der unmittelbaren humanitären Hilfe in der Ukraine, Analyse der Auswirkungen des Krieges auf die Inklusion und Identifikation von Lücken in der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.
- Der Schutz der Rechte ukrainischer Geflüchteter mit Behinderung in Georgien und Moldau – mit dem Ziel, sicherzustellen, dass diese Menschen Zugang zu Grunddiensten und Rechten erhalten.
Ola Abualghabib vom Global Disability Fund präsentiert zentrale Erkenntnisse einer aktuellen Situationsanalyse zur Lage von Menschen mit Behinderungen in der Ukraine.
Eine Situationsanalyse des GDF habe gezeigt, dass es zwar politische Bekenntnisse zur Inklusion gebe. Allerdings würde die Umsetzung häufig stocken – unter anderem wegen mangelnder ressortübergreifender Abstimmung, fehlender Finanzierung und unzureichender institutioneller und rechtlicher Verankerung.
Ein Hebel könne laut Abualghaib die Lokalisierung von Maßnahmen sein. Die neu etablierte globale Initiative des GDF setze darauf, modellhafte Projekte zu skalieren und in nationale Strukturen einzubetten.
Olena Ivanova von UNDP Ukraine präsentiert die Universal Design School als Teil des „Mine Action Project in Ukraine“.
Ein solches Modellprojekt stellt Olena Ivanova, Projektkoordinatorin bei UNDP Ukraine, mit der Universal Design School (Externer Link) vor. Das Projekt wurde 2024 gegründet und bringt 69 Fachleute aus verschiedenen Disziplinen – etwa Architektur, Stadtplanung und Sozialarbeit – zusammen, um sie in barrierefreien Planen und Bauen auszubilden.
Insgesamt 13 Designprojekte wurden bereits für Bildungs-, Gesundheits-, Sozial- und Sporteinrichtungen sowie öffentliche Räume entwickelt. „Die Universal Design School kann als Plattform für Projekte und Partnerschaften dienen und verschiedene Interessengruppen zusammenbringen, um gemeinsam an einem inklusiven Wiederaufbau zu arbeiten“, so Olena Ivanova.